Von Menschen und Schiffen - Ein Interview mit Firmengründer Johannes Zurnieden

1973 hatte Johannes Zurnieden eine ziemlich gute Idee: Er gründete die Phoenix Flugreisen GmbH. Heute fahren seine Kreuzfahrtschiffe um die ganze Welt. Ein Gespräch über das, was seit 50 Jahren wichtig ist: Menschen und Schiffe!

PHOENIX REISEN (PHX): Johannes, du hast Phoenix Reisen als Student gegründet. War das eine Idee aus jugendlichem Leichtsinn heraus oder bereits mit einem Businessplan in der Schublade?

JOHANNES ZURNIEDEN (JZ): Meine Eltern waren der Meinung, dass es Leichtsinn war – das war es wahrscheinlich auch – und einen Businessplan hatte ich überhaupt nicht, sondern ich bin so reingerutscht. Ich hatte einen Studentenjob bei einer Zeitung und habe dort eine Reiseabteilung aufgebaut mit den ersten LastMinute-Reisen. Nach zwei bis drei Jahren habe ich mir gedacht, dass ich das mindestens genauso gut, wenn nicht sogar besser kann. Also habe ich mein eigenes Unternehmen gegründet.

PHX: Wie erinnerst du dich an diese Anfangszeit?

JZ: Es war eine sehr schöne Zeit. Wir waren zu zweit, und ich hatte ein kleines Büro für 250 Mark gemietet, das ich Sonntag abends geheizt habe, damit es am Montag morgen warm war. Ich bin ja ohne großes Kapital gestartet, war aber gut darin, die Banken davon zu überzeugen, mir Geld zu leihen. Und wir haben sieben Tage die Woche wahnsinnig viel gearbeitet, aber es hat Spaß gemacht. Und das tut es heute noch. Ich bin fast jeden Tag im Büro.

PHX: Welche Beziehung hast du zu Schiffen?

JZ: Am Anfang haben wir ja Flugreisen gemacht. Dann kam 1988 die TS MAXIM GORKI zu uns und man entwickelte eine emotionale Beziehung. Als wir fürchten mussten, dass die MAXIM GORKI am 19.06.1989 nach ihrem Unfall im Eismeer sinken würde, gab es sehr viele Tränen im Büro. Zum Glück kam es nicht dazu. Früher habe ich, wenn ein Schiff zur ersten Reise ablegte, die letzte Leine losgemacht. Heute macht das Benjamin. Das sind Momente, da verdrückt man schon ein Tränchen. Das Schiff ist die Hardware, aber was das Schiff ausmacht, sind die Menschen, die an Bord sind. Diese Beziehung ist sehr emotional.

PHX: Eure Hochseeschiffe gelten in der Branche als etwas Besonderes. Was ist es?
JZ: Unsere Schiffe passen zu 100 Prozent zu unserer Philosophie “Willkommen an Bord – Willkommen zu Hause.” Wir haben auf alle unsere Hochseeschiffe jahrelang vorher ein Auge geworfen und uns gewünscht, dass wir sie bekommen, weil wir eine ganz genaue Vorstellung haben, wie ein Schiff sein soll. Diese Vorstellung hat sich übrigens in den 50 Jahren nicht geändert.

PHX: Und zwar…?
JZ: Unsere Schiffe sind im Vergleich zu vielen anderen Kreuzfahrtschiffen kleiner und haben eine überschaubare Passagieranzahl. Die Architektur ist weniger auf Profit ausgerichtet. Wo andere Schiffe die teuersten Kabinen platzieren, haben wir eine Rundumpromenade, die die Gäste lieben und genießen. Aber das Besondere sind ohne Frage die Bindungen und Beziehungen, die auf unseren Schiffen zwischen Gästen und Crew entstehen können und sehr lange halten. Wir haben eine tolle Wiederbucher-Quote und die treuesten Stammgäste, die es gibt. Natürlich investieren wir auch sehr viel Geld in unsere Schiffe, weil wir wollen, dass sie in einem Top-Zustand und auf höchstem technischen Niveau unter Phoenix-Flagge fahren.

PHX: Kann man einen solchen Erfolg planen?
JZ: Es gehört sicher eine große Portion Glück dazu und natürlich muss man kluge Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt treffen. Vielleicht muss man die Dinge ein bisschen anders machen, als alle anderen. Als Inhaber entscheide ich immer für die Ewigkeit und nicht für die nächste Quartalsbilanz. Aber das Wichtigste sind gute Kollegen. Ohne sie geht gar nichts. Unser Erfolg ist eine Teamleistung.

PHX: Woher kommt der Phoenix-Teamgeist?
JZ: Bei uns ist der entscheidende Punkt die Art, wie wir miteinander umgehen. Von Anfang an waren wir ein Team, und das hat sich bis heute nicht geändert. Wir pflegen einen sehr offenen und klaren Umgang ohne Hierarchien. Wir duzen uns alle, bei uns gibt es keine schriftlichen Arbeitsverträge und keine Arbeitszeiterfassung. Das brauchen wir nicht. Jeder teilt sich seinen Urlaub und seine Arbeitszeit so ein, wie es passt, und gibt den anderen Bescheid. Das ist wie bei einer Familie. Alle wissen, dass am Ende des Tages die Arbeit gemacht sein muss. Es geht auch fast keiner weg von uns. Wer einmal zu uns kommt, bleibt in der Regel da. Von einigen Kollegen arbeiten inzwischen auch die Kinder bei uns – zwei Generationen unter einem Dach. Das ist schön! Und wir alle wollen, dass dieses Unternehmen – so wie es ist – weitergeht. Auch während der Corona-Pandemie haben wir gesagt: Wir werden das überstehen! Dieser Zusammenhalt hat uns durch diese schwere Zeit getragen.

PHX: Dir geht es im Leben um die Menschen und Phoenix Reisen spendet große Summen an Misereor. Warum ist dir das wichtig?
JZ: Eigentlich ist es nur wichtig, überhaupt etwas Gutes zu tun. Das kann auch die Unterstützung eines bedürftigen Nachbarn sein. Mein soziales Engagement geht nur, weil die Gäste uns das ermöglichen. Ich finde es extrem wichtig, Organisationen zu unterstützen, die gute Arbeit leisten und dort helfen, wo es nötig ist. Aber helfen kann man nur, wenn man das Wissen, die Ausstattung, die Infrastruktur und das Netzwerk hat. Deshalb muss man in gute Sachen vernünftig investieren.

PHX: Wie blickst du auf die vergangenen 50 Jahre zurück?
JZ: Es waren wunderbare Jahre! Dafür bin ich allen Phoenix-Kollegen und Gästen sehr dankbar. Ohne sie könnten wir dieses Jubiläum nicht feiern. Was die Gäste vielleicht nicht wissen – deshalb sage ich es hier: Uns freut es am meisten, wenn es sie freut, mit uns zu reisen. Und das werden wir auch die nächsten 50 Jahre genauso weitermachen!

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