Werft MS Artania: Interview mit Fleet-Manager Norbert Jepsen

Wer koordiniert ein komplexes Projekt wie eine Werftzeit?

Rund 1.000 Menschen, Handwerker, Crewmitglieder, Techniker, Ingenieure und Architekten, arbeiten Hand in Hand, um MS Artania in der Werft noch schöner und umweltfreundlicher umzugestalten.

Einer davon ist unser Phoenix Fleet Manager Norbert Jepsen.

Er verantwortet mit seinem Team, das normalerweise in einem Hamburger Büro alle Arbeiten an den Phoenix Schiffen plant, die Arbeiten in französischen Marseille.

Wir haben ihn in der Werft besucht und ein paar Fragen gestellt.

MS Artania in der Werft 2022 in Marseille
Phoenix Fleet-Manager Norbert Jepsen mit Kapitän Morten Hansen in der Werft in Marseille

Phoenix Reisen: Ihr seid gerade mit MS Artania in der Werft. Der Aufenthalt und die Arbeiten wurden lange im Voraus gemeinsam mit der Reederei geplant. Welche Arbeiten werden an unserer Artania durchgeführt?

Norbert Jepsen: Wir haben für unsere “Grand Lady” ein komplettes 30-tägiges Programm in Südfrankreich gebucht, quasi Wellnessurlaub für die Artania.
Für unsere Gäste werden Suiten und Kabinen grundrenoviert und mit neuester Technik für TV, WLAN, Telefon und LED Beleuchtung ausgestattet. Die öffentlichen Gästebereiche bekommen neue Fenster, Teppiche und viele weitere Verschönerungen.
Für die Sicherheit unserer Gäste und der Besatzung werden alle technischen Anlagen wie Rettungsmittel, Warn- und Leitungssysteme gewartet bzw. auf den neuesten technologischen Stand gebracht.
Für die Umwelt werden alle Motoren überholt und mit einer Abgasrückführungsanlage bereits jetzt auf den geforderten “TIER 3”-Standard für nordische Fahrtgebiete modernisiert, der ab 2026 in Kraft treten wird.

PHX: Wie kann man sich den Aufenthalt in der Werft vorstellen? Schlafen dann alle an Bord und gehen morgens an die Arbeit oder wie läuft das?

NJ: Wir wohnen mit rund 300 Besatzungsmitgliedern und 700 Facharbeitern an Bord, um zeitnah die beschriebenen Projekte abzuarbeiten.
Die Hotelbesatzung kümmert sich um die Versorgung und Reinigung des Hotels. Gegessen wird in drei Schichten im Lido Restaurant und ab 19.00 Uhr darf man gern auch auf den Außendecks bei einem Getränk z.B. die Fussball WM 2022 verfolgen. Das ist auf jeden Fall immer sehr anregend, da wir Besatzungsmitglieder und Facharbeiter aus über 40 Ländern an Bord haben.
Ab 05:30 Uhr sitzen dann die ersten Arbeiter wieder beim Frühstück im Selbstbedienungsrestaurant und stärken sich für den neuen Tag und die kommenden Arbeiten.

PHX: Klappt eigentlich immer alles so wie detailreich geplant oder geht bei solchen Arbeiten auch schon mal was schief?

NJ: Wir haben immer auch einen Plan B. Bei so einem eng geplanten Trockendock ist man immer von Änderungen betroffen, das lässt sich gar nicht ändern.
Planänderungen entstehen durch Lieferverzögerungen, Streiks in den Material liefernden Produktionsländern, durch plötzliche Krankheit eines dringend erwarteten Service Technikers, Wettereinbrüche oder einfach weil irgendetwas anderes Überraschendes passiert.

PHX: Die Werftzeit zu begleiten ist ja nur ein kleiner Teil Deiner Aufgaben. Was macht ein Phoenix Fleet Manager denn eigentlich so?

NJ: Da sage ich ganz klar: “Nach der Werft ist vor der Werft”!
Wir planen während der Werftzeit bereits die nächste Werftzeit, die in der Regel alle 2,5 Jahre in Europa für mindestens 3 Wochen erforderlich ist. Das bedeutet in der Regel drei Monate im Jahr Reisen für die Werftzeitüberwachung unserer Hochsee Flotte: Werften und Zulieferer besuchen in ganz Europa, Konzeptentwicklung für Umbauten und Erneuerungen vor und hinter den Schiffskulissen, Budgetplanungen, technische Weiterbildung, Fachseminare und Fachmessen.

PHX: Wenn Du Urlaub machst, machst Du dann auch schon mal eine Schiffsreise? Oder denkst Du generell über Veränderungsmöglichkeiten nach, wenn Du irgendein Schiff, von der Jolle bis zum Tausenderpott, siehst?

NJ: Kreuzfahrten sind eine entspannte Art Urlaub zu machen und sich fallen zu lassen.  Aber auch, wenn ich auf einem Schiff Urlaub mache, scanne ich sofort alle Einrichtungen, Sicherheitsmittel oder untypische Geräusche –  egal ob auf einem Kreuzfahrtschiff oder einer Hafenbarkasse. Aber ich mag und lebe das! Ich kann danach aber auch ganz entspannt auf dem Balkon die Sonne im Liegestuhl genießen und Vitamin D sowie B12 tanken.

Eine weitere Abwechslung und jede Menge Spaß macht mir ein Oldtimer Roadtrip durch Deutschland und unsere Nachbarstaaten.

PHX: Auch ein Fleet Manager hat ja ein Privatleben. Wenn unsere Gäste mal in Hamburg sind – welche Tipps hast Du? Was sollte man sich unbedingt in Deiner Heimat ansehen?

NJ: Ich wohne in Pinneberg, im Norden von Hamburg und fahre seit 40 Jahren direkt in den Hamburger Hafen. Ich weiß nicht, ob es sich lohnt dazwischen anzuhalten (grinst).

Der Puls der Stadt jedenfalls schlägt für mich im Hafen.

Bildergalerie mit Norbert Jepsen und Morten Hansen

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