Seemannsgarn - Teil 1, Fabelwesen der Flüsse & Meere
Sagen- und Gottgestalten aus dem Wasser spielen in vielen Kulturen&Religionen eine Rolle. Wir stellen ein paar besonders eindrucksvolle Exemplare vor – aus Märchen & Mythologie, Lyrik & Literatur.
Loreley & andere Nixen
Achtung, Verwechslungsgefahr: Nixe ist nicht gleich Meerjungfrau – auch wenn sich beide mit wallender Mähne, erotischer Aura und glänzender Flosse bisweilen zum Verwechseln ähnlich sehen. Während letztere eher schutzbedürftig ist, bringt die Nixe Tod und Verderben: Die Sirenen in Homers Epos ‘Odyssee’ zum Beispiel, die Nixen in der Nibelungensage und auch die Loreley. Wer kennt nicht Heinrich Heine’s berühmtes Gedicht über die männermordende Rheinnixe? Ihre Stimme ist ihr Kapital: “Ich glaube, die Wellen verschlingen am Ende Schiffer und Kahn; und das hat mit ihrem Singen die Lore-Ley getan.
Poseidon bzw. Neptun
Ah, der Mann mit dem Dreizack. Aber heißt er nun Neptun oder Poseidon? Nun, der eine ist Römer, der andere Grieche. Beherrscher der Flüsse und Meere, oft mit Pferd, Zaumzeug und wallendem Haar dargestellt, sind sie beide allemal. Und beide auch leicht zu erzürnen. Wer sie nicht ausreichend ehrt, muss ihren wellenbewegenden Zorn erfahren. Besser also, man unterzieht sich bei der Äquatorüberquerung unserer gottesbesänftigenden ‘Neptuntaufe’. Keine Angst, sie ist natürlich freiwillig, gewährleistet aber eine sichere Überfahrt und macht natürlich auch einen Riesenspaß.
Das Ungeheuer von Loch Ness
Loch Ness ohne Nessie? Un-vorstellbar. Der Mythos um das schottische Ungetüm geht schließlich bis auf das Jahr 565 zurück. Seitdem macht es mächtig Furore. Der endgültige Durchbruch gelang dem Seeungeheuer allerdings erst 1933, als erstmals Zeitungen von der Sichtung des “riesigen, im Loch tauchenden Tiers” beichteten. Zeitweise herrschte eine regelrechte Nessie-Mania. Mal ist es der Plesiosaurus-Typus mit langem Hals, mal eine riesige Buckelseeschlange. Dann das Aus: 2003 ergaben ausführliche Untersuchungen von Loch Ness: Nessie gibt es eigentlich gar nicht. Und trotzdem zieht das schottische Gewässer Jahr für Jahr Hundert- tausende von Touristen an.
Undine
Ouh la la, Undinen! Wie ein roter Faden zieht sich das Traumbild der Wasserfrauen durch den Lauf der Geschichte – von der Antike bis in die frühe Neuzeit. Sie sind anmutig, halbgöttlich und märchenhaft schön. Das Thema wurde vielfach adaptiert, u.a. in Friedrich de la Motte Fouqués Märchennovelle ‘Undine’ (1811) und auch E. T. A. Hoffmanns gleichnamiger Zauberoper. Erst wenn sie sich mit einem Sterblichen vermählt, bekommt die Undine eine Seele. Wer ihr allerdings das Herz bricht, muss sterben. Die Übersetzung für Undine lautet übrigens ‘kleine Welle’ – der perfekter Name für das zarte Elementarwesen.
Der Leviathan
…(hebr. לִויָתָ liwjatan “der sich Windende”) ist ein kosmisches Fabelwesen, je zu einem Viertel Krokodil, Drache, Schlange und Wal, und stammt aus der jüdisch-christlichen Mythologie. Eigentlich von Gott als sein Spielzeug geschaffen, muss er am Ende vernichtet werden. Er ist die Inkarnation des Mächtigen, auch des Bösen, und taucht sowohl als biblische Bestie wie auch als Metapher für Allmacht oder Chaos in vielen Kulturen und Religionen, Theorien oder Lehrstücken auf. Aber auch in der Literatur treibt er immer wieder mal sein Unwesen: Ohne den Leviathan hätte es zum Beispiel ‘Moby Dick’ niemals gegeben. Ein zeitloses Ungeheuer, das bis heute so mancher Fantasy-Figur Pate steht.