Jens Thorn – Interview mit Phoenix Reisen Kapitän

Auf der Brücke mit Kapitän Jens Thorn

Er stammt aus einer Kapitänsfamilie und fährt seit 56 Jahren zur See – Kapitän Jens Thorn. Er selbst bezeichnet sich als “im Herzen Seemann”, der immer Fernweh hat. Er und die “Prinzessin“ MS AMERA gehen von nun an gemeinsam auf große Fahrt. 

Das Team um Kapitän Jens Thorn auf der Brücke

Sie stammen aus einer traditionellen Kapitänsfamilie. Fällt der Apfel nicht weit vom Stamm? Oder hätten Sie sich auch eine andere berufliche Karriere vorstellen können?

JENS THORN: Nicht wirklich! Mein Großvater war bereits Kapitän, mein Vater war Kapitän und ist dann Oberlotse in Travemünde geworden, und somit war meine berufliche Zukunft bereits früh voraus-geplant.

Was zeichnet einen guten Seemann aus?

Der Respekt vor den Elemen-ten, die sich stündlich ändern können. Für mich ist es immer wichtig, den Wechsel der Ele-mente zu erkennen und darauf zu achten, dass das Schiff si-cher liegt und eine gute Sta-bilität hat, damit an Bord höchste Sicherheit herrscht. Außerdem stehen das Wohl-befinden der Passagiere und auch der Be-satzung für mich an oberster Stelle. 

Was ist das Besondere daran, ein Kreuzfahrt- Kapitän zu sein? Was lieben Sie daran?

Ich liebe selbstverständlich die Nähe zu unseren Passagieren und die Möglichkeit, interessante Menschen kennenzulernen. Außerdem ist die Organisation des Schiffes etwas sehr Spannendes. Auf der AMERA haben wir z.B. 835 Gäste plus 400 Besatzungsmitglieder an Bord – das macht sehr viel Spaß und ist sehr interessant.

Welche Eigenschaften hat ein perfektes Schiff?

Ein Schiff braucht eine gute Stabilität, eine ausgezeichnete Besatzung, ein funktionierendes Team und eine umsichtige Führung. Dann ist jedes Schiff perfekt.

Wo ist Ihr Lieblingsplatz auf dem Schiff? 

Das ist natürlich auf der Brücke! Hier hat man alles unter Kon-trolle und es ist der einzige Platz auf dem Schiff, wo die Fäden zusammenlaufen.

In welchen Hafen fahren Sie besonders gerne ein und warum?

In New York, aus dem einfachen Grund, dass man die Geschichte New Yorks kennen muss, um den Hafen selbst zu schätzen. Bei der Einfahrt ist der Blick auf die Freiheitsstatue und Ellis Island jedes Mal beeindruckend, wenn man daran denkt, wie viele Menschen aus aller Welt in diesem Hafen an-kamen, um in der neuen Welt ihr Glück zu suchen. Außerdem finde ich Hongkong sehr schön und San Francisco mit der Golden Gate Bridge.

Haben Sie eine Lieblings-route auf dem Meer oder an der Küste? 

Wenn ja, welche und warum? Für mich war immer der asiatische Raum sehr interessant und generell die Überquerung der Ozeane, speziell die Überquerung des Nordatlantiks, die wir jährlich machen, wenn wir nach Grönland fahren oder auch an die Ostküste Amerikas. In dieser Zeit des Jahres, wenn wir dort unterwegs sind, kann sich das Wetter stündlich ändern und man ist als Kapitän besonders gefragt, um anhand der Tiefdruckgebiete die soge-nannte Wetternavigation zu machen.

Jens Thorn mit Oberbürgermeister Melf Grantz

Wie lange halten Sie es an Land aus, bis Sie Fernweh bekommen?

Die Frage ist sehr gut (lacht), aber generell ist das Fernweh immer vorhanden. Ich führe die Position des Kapitäns aus, aber im Herzen bin ich immer Seemann geblieben. Und ein Seemann hat immer Fernweh!

 

 

Bei all den vielen Reisen, Begegnungen und Erlebnissen…was ist Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben?

Zwei Sachen: Die erste ereignete sich 1958, da war ich 11 Jahre alt und mein Vater war bereits Oberlotse in Travemünde. Dort kam das amerikanische Passagierschiff Brasil an. Das Schiff hatte zu viel Tiefgang und konnte nicht in den Hafen ein-laufen und musste draußen auf Reede ankern. Mein Vater sagte zu mir: “Mensch Jens, da draußen liegt ein großes Schiff, ich möchte gerne, dass du mit mir auf dem Lotsenboot um das Schiff herumfährst, damit du die Größe des Schiffes gut beobachten kannst.” Wir fuhren hinaus und ich war fasziniert von diesem großen Schiff. 1984 hat meine amerikanische Reederei genau dieses Schiff gekauft und ich bin sein Kapitän geworden. Das ist eine Geschichte, die ich nie vergesse. Das zweite besondere Erlebnis war 1991: Damals habe ich ein neues Schiff aus der Werft geholt und es wurde in New York getauft. Die Taufpatin war Betty Ford, die damalige First Lady des US-Präsidenten Gerald Ford. Ich durfte zehn Tage mit dem Präsidenten-Ehepaar verbringen. In besonderer Erinnerung sind mir die täglichen Treffen mit dem Präsidenten morgens um 9 Uhr zum Tee auf der Brücke geblieben. Wir haben eine fantastische Zeit miteinander verbracht, die ich nie vergessen werde.

Gruppenbild der Kollegen vor Ort

 

Gibt es eine persönliche Seemannsweisheit, an die Sie sich halten?

10 Minuten vor der Zeit ist des Seemanns Pünktlichkeit. Pünktlichkeit und Disziplin sind immer Teil meines Lebens gewesen und das wird auch in Zukunft so bleiben. Sie fahren seit über 56 Jahren zur See.

Welchen Rat geben Sie jungen Offizieren und Kapitänen mit auf den Weg? 

Dass sie bei diesem Beruf bleiben und den eingeschlagenen Weg vollenden, d.h. bis hoch zum Kapitän. In meinen Augen ist dieser Beruf immer noch der schönste überhaupt, den es gibt.

Sie übernehmen als Kapitän den Flottenneuzugang MS AMERA. Wie fühlt es sich an, ein neues unbekanntes Schiff zu kommandieren? 

Dadurch dass wir sechs Wochen Werftzeit bei Blohm&Voss hatten, ist es für mich sehr leicht, dieses Schiff zu über-nehmen. In den sechs Wochen konnte ich das Schiff von allen Winkeln aus kennenlernen und mich mit ihm vertraut machen. 

Was ist das Besondere an MS AMERA?

 MS AMERA ist ein wirklicher Klassiker! Das sieht man an der Linie des Schiffes, wenn man es von der Seite aus betrachtet. Es gibt nicht viele Schiffe, die an die AMERA herankommen. Sie passt so gut in die Phoenix-Flotte und zu uns. Wir nennen sie unsere Prinzessin – und sie ist eine tolle Prinzessin, die jetzt das Phoenix-Banner führt.

Was wünschen Sie sich für MS AMERA? 

Allzeit gute Fahrt, glückliche Passagiere, eine motivierte Besatzung und einen zufriedenen Kapitän (lacht).

 

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